Hessische Apfelsorten

Die Lokalsorten des Jahres

Wer kennt sie noch?
„Ausbacher Roter", „Hartapfel", „Mensfelder Glanzrenette" oder „Odenwälder" sind hessische Apfelsorten, die nur selten und regional auf unseren heimischen Streuobstwiesen vorkommen. Diese robusten Äpfel werden gerade von der Bevölkerung aufgrund ihrer Regionalität und ihrer typischen Eigenschaften in Bezug auf Geschmack und Verarbeitung besonders geschätzt.

Seit 2002 versucht die Landesgruppe Hessen des Pomologen-Vereins e.V. gemeinsam mit dem Naturschutz-Zentrum Hessen auf alte, regionale Apfelsorten aufmerksam zu machen. Im Rahmen diese Kampagne finden viele Aktivitäten wie zum Beispiel Pflegemaßnahmen an Altbäumen, Pflanzaktionen oder Sortenausstellungen statt. Eine breite Öffentlichkeitsarbeit mit Infomaterialien sowie Beiträgen in Fachzeitschriften und im Internet begleitet das Projekt. Jeweils auf dem Apfelmarkt (Ende September) wird die Lokalsorte des kommenden Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt. In Zusammenarbeit mit heimischen Baumschulen werden die einzelnen Sorten nachgezogen und stehen somit als Jungbäume für Pflanzungen zur Verfügung.

Unterstützen auch Sie den Erhalt alter Apfelsorten, indem Sie einen Baum der „Lokalsorte des Jahres" pflanzen oder Produkte aus heimischen Streuobstbeständen, wie zum Beispiel naturtrüben Apfelsaft, kaufen!

Herkunft und Verbreitung

streifling thDie Herkunft und Entstehung dieser erhaltenswerten Wirtschaftssorte ist ungewiss. Der Geheimrat und Pomologe von Trapp hat sie 1854 erstmals unter dem Namen „Kloppenheimer Matapfel" vorgestellt. Später war der Apfel sogar in der pomologischen Literatur Gegenstand einer kleinen Kontroverse, vor allem in Bezug auf die Herkunft und die Frage, zu welcher natürlichen Familie er zu zählen sei. Dr. Thomae, seinerzeit Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts Hof Geisberg bei Wiesbaden, hat den Zankapfel in den „Pomologischen Monatsheften (1871) detailliert beschrieben und abgebildet.

Die Nassauer Apfelsorte war früher in der Gemarkung Wiesbaden weit verbreitet. Sie spielte auf den Obstmärkten in Wiesbaden und Mainz den ganzen Winter hindurch eine nicht unbedeutende Rolle. Auch die Synonyme Bender´s Süßapfel und Französischer Süßapfel stehen mit dem Kloppenheimer Streifling in Verbindung, der nach dem zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten ist. Erst Ende der 90er Jahre wird der Apfel durch heutige Pomologen wiederentdeckt und in die NZH-Pomologie „Die guten alten Äpfel" aufgenommen. Der einzige bekannte Altbaum wurde 1936 in Igstadt gepflanzt. Ob allerdings weitere unerkannte Exemplare des Streiflings existieren, ist ungewiss.

Herkunft und Verbreitung

Der ´Gacksapfel´ ist als Zufallssämling in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in Aßlar-Berghausen an der Dill entstanden. Eng verbunden mit der Geschichte dieser Lokalsorte ist ihr Namensgeber Ernst Gack (1843-1921) aus Berghausen. Der Landwirt und Holzhauer fand um 1870 diesen Sämling im Wald von Berghausen, am 300 m hohen Hackenberg. Den Erzählungen nach grub er den Wildling „mit seinen bloßen Händen" aus und pflanzte ihn schließlich einige hundert Meter vor dem Ort, an der „Lehmkaut" wieder ein.

Die ersten Früchte, die Gack ernten konnte, waren keine sauren, holzharten Wildäpfel, sondern große, goldgelbe Früchte mit roten Streifen. Generationen von Schuljungen haben sich heimlich die Früchte von „Gack´s Apfelbaum", so hieß er inzwischen, schmecken lassen. Im Alter nahm sich der Naturschutz der Pflege des Mutterbaumes an der Lehmkaut an, bevor er - nahezu hundert Jahre alt - 1964 zusammenbrach (Foto: 1958).

Die Geschichte des wundersamen Apfelbäumchens, dessen sich Ernst Gack pflegend annahm, existiert jedoch bis heute. Sie wurde in den 70er Jahren von dem Historiker Dr. Kurt Hinze aufgeschrieben. ´Gacksäpfel´ werden vorrangig in Aßlar, Berghausen, Werdorf und anderen Gemeinden an der Dill geschätzt.

Herkunft und Verbreitung

Ende des 19. Jh. sind in Eckartshausen im Altkreis Büdingen mehrere Wildlinge entstanden, von denen einer bis heute als ´Ditzels Rosenapfel´ verbreitet wurde. Dieser Apfel wurde wahrscheinlich als Zufallssämling um 1890 durch Frau Marie Ditzel, geb. Bopp, gezüchtet. Sie säte bereits als Kind Apfelkerne in der Baumschule ihres Großvaters Seng aus. Als Herr Ditzel den Bopp´schen Hof übernahm, pflanzte er 1892, nach der Flurbereinigung, Wildlinge aus der Baumschule Seng an ein Grundstück am Köhlerwald. Einem Baum schenkte Herr Ditzel besonders viel Aufmerksamkeit, da er in seiner Jugend ohne Krebs und andere Krankheiten wuchs. Nachdem sein „Lieblingsbaum" bereits 1901 die ersten Früchte trug, gab ihm Ditzel den Namen „am Köhlerwald" und veredelte ihn fortan unter diesem Namen weiter.

Zur gleichen Zeit existierte auf dem benachbarten Hofgut Herrnhaag die Baumschule Seum, die einen der Ditzel´schen „Rosenäpfel" - bedingt durch persönliche Differenzen - unter dem Namen „Herrnapfel" verbreitete. Somit lässt sich auch erklären, warum im Sortiment „Obstsorten für die Provinz Oberhessen" von 1911 der „Herrnapfel, Syn. Rosenapfel" für einige Bezirke der Wetterau empfohlen wurde.

Einer der Obstbauförderer dieser Region, Gartenbau-Oberinspektor Metternich, benannte später diese Sorte nach seinem Züchter ´Ditzels Rosenapfel´.

Herkunft und Verbreitung

edelapfel thWahrscheinlich stammt die Sorte aus Norditalien und wurde beim Bau der Eisenbahnstrecke Kassel-Leipzig (1845-1848) von italienischen Gastarbeitern mitgebracht, oder sie ist als Zufallssämling am heutigen Güterbahnhof entstanden. Dort stand der Mutterbaum bis ca. 1950. Nachdem damalige Pomologen den wohlschmeckenden Apfel keiner bekannten Sorte zuordnen konnten, hat ihr Hauptlehrer Stöber nach dem zweiten Weltkrieg seinen Namen gegeben. Mitte der 50er Jahre wurde der ´Körler Edelapfel´ verstärkt durch Garteninspektor Plass aus Melsungen empfohlen und hat sich somit in Nordhessen verbreitet.
Vertretern der AG Natur- und Umweltschutz Körle e.V. und Rolf Angersbach aus Melsungen ist es zu verdanken, dass etwa 50 Altbäume dokumentiert und inzwischen etwa 40 Jungbäume (1995/96) nachgepflanzt wurden.
Verbreitung findet der ´Körler Edelapfel´ aufgrund der damaligen Empfehlung von Herrn Plass außer in Körle auch in Fulda, Kassel und Wiesbaden.

Herkunft und Verbreitung

schneeapfel thAls Zufallssämling des 19. Jh. ist in Heuchelheim bei Gießen der 'Heuchelheimer Schneeapfel' entstanden. Der Mutterbaum soll bereits zur Jahrhundertwende auf dem Gelände des Kindergartens in der Wilhelmstraße gestanden haben. Eng verbunden mit der Geschichte und Verbreitung des „Schneeapfels" ist die Baumschule Rinn. Baumschulbesitzer Philipp Rinn zog bis Mitte der 50er Jahre ausschließlich Obstbäume an und verbreitete ihn unter dem Namen 'Heuchelheimer Schneeapfel'.

Nach einem Bildbericht über die Baumschule Rinn in der Zeitschrift „Deutsche Baumschule" von 1979 verschickt der heutige Seniorinhaber Horst Römer Edelreiser und Bäume dieser schönen Sorte weit über die Grenzen Hessens hinaus. Aufgrund der großen Nachfrage werden künftig neben dem Hochstamm auch kleinere Baumformen auf schwachen Unterlagen angeboten. Auch im ökologischen Obstbau wird der 'Heuchelheimer Schneeapfel' wegen seiner guten Verwertungseigenschaften angebaut.